Bittere Realitäten und instrumentelle Mythen
Der GSW-Verkauf im Jahre 2004 unter der Regierungsverantwortung von SPD und PDS ist ein sehr lebendiges Gespenst, das auch heute 13 Jahre später noch beständig heraufbeschworen wird. Dies geschieht nicht nur, wenn die Mieter von ehemaligen GSW-Beständen den Drangsalen der aktuellen Eigentümer ausgesetzt sind – wie die Mieter in der Siedlung am Steinberg oder im Alten Wasserwerk in Tegel – , sondern nahezu in jeder wohnungspolitische Debatte. Dabei sind der Anlass und die wohnungspolitische Zielstellung beliebig. Der GSW-Verkauf dient rechten Markt- wie linken Gemeinwirtschaftlern als Fehltritt an sich. Dabei spielt es auch keine Rolle, ob man 2003/04 den Verkauf gutgeheißten hat oder nicht.
Auch die seinerzeit in der Regierungsverantwortung stehenden Parteien SPD und LINKE (PDS) erklären heute: „Das war ein Fehler!“ CDU, Grüne und FDP stehen da nicht nach, obgleich sie damals die rot-rote Landesregierung für ihre Zögerlichkeit kritisierten und viel weitreichendere Privatisierungen kommunaler Wohnungsbestände forderten.
Der GSW-Verkauf wurde seit 1999 betrieben, sowohl unter der CDU/SPD-Regierung wie dann unter der rot-grünen Übergangsregierung. So erhielten die MItglieder des Abgeordnetenhauses zu Weihnachten 2000, also noch zu Zeiten der CDU-SPD-Koalition unter dem Regierenden Eberhardt Diepgen Post vom Staadtentwicklungssenator Peter Strieder, in denen er Ihnen ein Schreiben, datiert auf den 22.12.2000, an die GSW-Mieter zur Kennntis brachte. Dort war u.a. zu lesen: Um den Mieter die Ängste vor einem drohenden Verlust ihrer Wohnungen zu nehemen schreibt Strieder Ihnen:
Ein Jahr Später in der Koalitionsvereinbarung von SPD und PDS hieß es dann: „Aus Gründen der Vermögensaktivierung ist die Veräußerung einer Wohnungsbau-gesellschaft oder von Wohnungsbeständen unumgänglich.“ Nicht nur Berlin war Pleite, nicht nur die Bankgesellschaft stand vor dem Aus, sondern auch die kommunalen Wohnungsbaugesellschaften waren in den Jahren zuvor systematisch in die Verschuldung getrieben worden. Wir (PDS) wollten den Verkauf eine weiteren Wohnungsbaugesellschaft vermeiden und hatten im Koalitionsvertrag zudem die Formulierung erreicht: „Weiter ist zu prüfen, ob mit der Gründung einer Verkaufsgesellschaft für Wohnungen aus dem Bestand städtischer Gesellschaften (ca. 80.000 WE) der Verkauf vorrangig an Mieter und Genossenschaften, aber auch an mittelständische Investoren besser realisiert werden kann.“ Es ging uns um den Erhalt und die Konsolidierung der kommunalen Wohnungswirtschaft.
Zwei Jahre später aber geschah der Verkauf der GSW dann doch und die Einahmen floßen nicht in die Entschuldung der Wohnungsbaugesellschaften. Wie war das möglich?
Sich heute hinzustellen und zu sagen, „sorry, das war ein Fehler“ – das ist politisch unernst. Es ist erforderlich zu erklären, wie es dazu kommen konnte, dass dieser Verkauf damals so vielen als eine Problemlösung erschienen ist. Andernfalls wird der „GSW-Verkauf“ auch weiterhin als Nebelkerze für jede beliebige politische ideologische Absicht eingesetzt werden können. Und zudem wird die Wiederholung immer wahrscheinlicher. Denn dann wird wieder alles ganz besonders sein.
Ich werde auf dieser Seite meinen Beitrag für diese Auseinandersetzung leisten. Dabei bitte ich um Nachsicht und Geduld, dass dies aus Kapazitätsgründen nur schrittweise erfolgen wird.
Beginnen will ich mit meinem Text aus dem Jahre 2004 „Verkauf der GSW – Kein Not-, aber ein Notlagenverkauf“, auf den Brigitte Fehrle jüngst in der Berliner Zeitung (10.März 2017) so sinnentstellend Bezug nahm. Denn „Naivität“ können weder ich noch die anderen Beteiligten jener Zeit für sich in Anspruch nehmen.
1.) „Verkauf der GSW – Kein Not-, aber ein Notlagenverkauf“ (16.04.2004) download
Als zweites ein im Dezember 2005 verfassten „Brief nach Dresden“ der an Christine Ostrowski und die Dresdner PDS gerichtet war, weil sie sich zur Begründung des Totalverkaufs aller Dresdner städtischen Wohnungen auf den GSW – Verkauf in Berlin und meinen Text über diesen Verkauf aus dem Juni 2004 berufen hatten. Auch diese Kommentierung post festum dokumentiert, dass von Naivität hinsichtlich der wirtschaftlichen Konzepte der Finanzinvestoren und die Konsequenzen für die Mieter keine Rede sein konnte.
2.) „Brief nach Dresden“ (05.12.2005), zum Verkauf WOBA und damit aller städtischen Wohnungen download
Die politschen Bedingungen unter denen damals die Zustimmung der PDS-Politiker zum GSW-Verkauf erfolgte, macht ein Text aus jenen entscheidenen Tagen im Frühjahr 2004 deutlich, in dem ich der Fraktion der PDS die Gesamtsituation hinsichtlich eines zentralen Reformprojektes der Koalition, der Sanierung der kommunalen Wohnungswirtschaft, erläutere. Der GSW-Verkauf ist nämlich nicht nur vor dem Hintergrund der Schuldenkrise des Berliner Landeshaushalt und dem Bankenskandal zu sehen, sondern vor der gleichzeitigen, damit zusammenhängenden existenziellen wirtschaftlichen Krise der kommunalen Wohnungsunternehmen der Stadt.
3.) Neuordnung der Wohnungswirtschaft? – Ach weiter so, nur richtig ! – Hilft dem rot-roten Reformprojekt nur noch der Gnadenschuss? (06.05.2004) download
Die wohnungspolitische Bilanz nach den ersten fünf Jahren rot-roter Regierungspolitik war schlecht. Allerdings war auch in der PDS/Linkspartei 2006 kaum jemand bereit, sich dieser Realität zu stellen. Meine negative Bilanz wurde mit wenigen redaktionellen Änderungen in der Bilanzbroschüre der Fraktion abgedruckt. Wirkungen und Schlussfolgerungen – gleich Null.
4.) Unterm Strich – ungenügend. Bilanz 5 Jahre rot-rote Wohnungspolitik (19.03.2006) download