Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen in Milieuschutzgebieten ungebremst
Nach einem Jahr Umwandlungsverbotsverordnung breitet sich Ernüchterung hinsichtlich ihrer Wirksamkeit aus. Bei der Besprechung eines 1. Zwischenberichts zur „Evaluation der erhaltungsrechtlichen Genehmigungskriterien und ihrer Anwendung in den Milieuschutzgebieten Pankows“, den das Bezirksamt am 26. Mai im Ausschuss für Stadtentwicklung und Grünanlagen gab, stand die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen seit dem Inkrafttreten der Umwandlungsverordnung im März 2015 im Mittelpunkt.
Im Jahre 2015 wurden nach Inkrafttreten des Umwandlungsverbots in den Pankower Milieuschutzgebieten Genehmigungen für die Umwandlung der Mietwohnungen von 25 Wohnhäusern in Eigentumswohnungen erteilt. Hatte Bezirksstadtrat ein halbes Jahr zuvor die sich bereits abzeichnende hohe Zahl der Genehmigungen für die Umwandlung noch als Übergangsphänomen kleingeredet, musste das Bezirksamt jetzt einräumen, dass die Umwandlungen in den Milieuschutzgebieten fast ungebremst weitergehen und auch für 2016 eine Fortsetzung dieser Entwicklung bereits feststellbar sei. Widererwartend, so das Bezirksamt in der Ausschusssitzung, – sei das Umwandlungsgeschehen nach dem Inkrafttreten der Umwandlungsverbotsverordnung – und anders als in Hamburg – nicht eingebrochen oder gar zum Erliegen gekommen, sondern bleibt hoch.
Das Schlupfloch, das die Immobiliendealer nutzen, ist die gesetzliche Regelung, dass eine Umwandlung dann zu genehmigen sei, wenn 7 Jahre nur an die Mieter verkauft werde. Von den 25 im Jahre 2015 erteilten Genehmigungen zur Umwandlung wurden 22 damit begründet. Es wurde kein so begründeter Antrag abgelehnt. Siehe die Tabelle.
Dass dies ist kein Pankower Phänomen ist zeigt die Antwort des Senats auf eine Anfrage der Abgeordneten Schmidberger (Grüne). Hier wird für alle Berliner Milieuschutzgebiete die Fallzahl der Anträge auf Umwandlung nach § 172 Abs. 4 S. 3 Nr. 6 BauGB – Veräußerung an Mieter – für das Jahr 2015 mit 78 angegeben. Von denen sei 73 genehmigt worden. Hier die Antwort.
Diese Entwicklung war vorhersehbar. Als BzStR Kirchner das Umwandlungsverbot als das erforderliche „scharfe Schwert“ anpries und die großzügige spekulantenfreundliche Genehmigungspraxis des Amtes in den Milieuschutzgebieten mit mangelnder gesetzlicher Handhabe rechtfertigte, haben wir ihn auf die Ausnahmetatbestände hingewiesen und eine restriktive Verwaltungspraxis gerade bei der Verkaufsverpflichtung an Mieter eingefordert. Denn diese Ausnahmeregelung ist geeignet den Verdrängungsdruck auf die Mieter sogar noch zu erhöhen. Denn wenn der Wohnungsdealer die auf diesem Weg umgewandelten Wohnungen verkaufen will, braucht er eine Genehmigung des Amtes, für die er den Nachweis erbringen muss, dass der Käufer der Mieter dieser Wohnung ist. So muss der Eigentümer in jedem Verkaufsfall, auch an Anleger, die die Wohnung gar nicht selbst nutzen wollen, die Mieter loswerden.
Wir haben bereits seinerzeit Fragen aufgeworfen, die unbeantwortet blieben:
? Warum wird die Genehmigung zu Umwandlung für das ganze Haus bei Abgabe einer Verpflichtungserklärung erteilt, statt nur für diejenigen Wohnungen, wo die Mieter tatsächlich kaufen wollen?
? Warum wird nicht zur Bedingung gemacht, dass der Mieter bereits zum Zeitpunkt der Umwandlung oder auch mindestens 5 Jahre vor dem Verkauf Mieter der betreffenden Wohnung war?
Liest man die Arbeitshilfe des Senats für die Anwendung der Umwandlungsverordnung durch die Berliner Bezirksämter vom Dezember 2015, so wird deutlich, dass der Senat kaum Interesse an der Wirksamkeit der Umwandlungsverordnung hat. Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass er in der Antwort an die Abgeordnete Schmidberger mitteilt, dass von Seiten des Senats derzeit keine Initiative geplant sei, die auf eine Änderung des Baugesetzbuchs in diesem Punkt (Ausnahmegenehmigung bei Erklärung der Verkaufs nur an Mieter für 7 Jahre) ziele.
Michail Nelken (29.05.2016)
senstadtum-umwandlungsverordnung_arbeitshilfe-.pdf